Rechtliche Überlegungen zur Vermögenssteuer

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Rechtliche Überlegungen zur Vermögenssteuer

Freitag, 27 Juni, 2014

Derzeit wird in Österreich viel über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer diskutiert. Diese Abgabe auf Vermögenssubstanz hat vor deren Abschaffung einen hohen Verwaltungsaufwand erfordert und daher kaum etwas zum Abbau der Staatsschulden beigetragen. Wesentlich für eine ergiebige Vermögenssteuer wäre daher eine Verbreiterung der zu besteuernden Basis, also die Einbeziehung sämtlicher Vermögenswerte und insbesondere des gesamten Liegenschaftseigentums. Dabei gibt es jedoch aus juristischer Sicht einige Hürden, da eine willkürliche Ausnahme von Vermögenswerten aus der Bemessungsgrundlage für die Vermögenssteuer rechtlich nicht zulässig ist. Diese Problematik konnten auch unsere deutschen Nachbarn bisher nicht lösen, sodass dort der Verfassungsgerichtshof die Vermögenssteuer bereits mehrfach als verfassungswidrig aufgehoben hat. Exemplarisch werden im Folgenden die wesentlichen legistischen Probleme zur Vermögenssteuer angeführt:

Die Kapitalertragssteuer

In Österreich werden Zinseinkünfte derzeit generell mit einer Kapitalertragssteuer von 25% besteuert. Bei der Einführung dieser Steuer hat der Gesetzgeber festgesetzt, dass mit der Abführung der Kapitalertragssteuer durch die Banken sämtliche Steuern auf das Geldvermögen abgegolten sind, also nicht nur Einkommenssteuern, sondern auch etwaige Erbschaftssteuern und eben auch allfällige Vermögenssteuern.  Der Gesetzgeber hat zudem geregelt, dass ein Abgehen von dieser Regelung zur Endbesteuerung nur mit einer Zustimmung von 2/3 Quorum des Nationalrates möglich ist. Die derzeitige Regierungskoalition bräuchte daher zu einer Aufhebung der Abgeltungswirkung der Kapitalertragssteuer die Zustimmung zumindest eines Teiles der Opposition.

Die Bauern

Landwirtschaftliche genutzte Flächen werden von den Bauern regelmässig unter einem marktüblichen Wert gehandelt. Dies ist auch darin begründet, dass ein Bauer oft viel Grundfläche benötigt, um durch deren landwirtschaftliche Nutzung einen ausreichenden Ertrag erwirtschaften zu können. Eine Vermögenssteuer unter Einbeziehung von Grund und Boden müsste aber jedenfalls auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen mit einschliessen und zwar zu deren realen Marktwert. Eine Vermögenssteuer würde daher die Bauern besonders belasten, insbesondere da das bäuerliche Vermögen üblicherweise vorwiegend in Grund und Boden gehalten wird. Eine Ausnahme der Vermögenssteuer für die Landwirtschaft ist aber sachlich nicht zu rechtfertigen und somit wohl als verfassungsrechtlich bedenklich anzusehen.

Die Unternehmen

Viele Unternehmen halten im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit Immobilien im Betriebsvermögen: Eine berechtige Ausnahme der Vermögenssteuer für Unternehmer ist sachlich kaum zu begründen, sodass es zu einer erheblichen Besteuerung von Betriebsvermögen kommen kann. Speziell Versicherungen mit einem hohen Liegenschaftsvermögen müssten mit einer deutlichen Verteuerung ihres Steueraufkommens rechnen. Dadurch könnten sich etwa die Prämien für Versicherungsleistungen erheblich erhöhen, wodurch es bei einer Einführung einer Vermögenssteuer zu volkswirtschaftlich unerwünschten Nebenwirkungen kommen kann.

Die Gebietskörperschaften

Die Europäischen Institutionen haben mehrfach dargelegt, dass insbesondere bei der Bereitstellung von Wohnraum eine Gebietskörperschaft nicht besser gestellt sein darf als ein privater Unternehmer. Daher hätte insbesondere die Gemeinde Wien bei Einführung einer Vermögenssteuer für sämtliche von der Gemeinde Wien gehaltenen Liegenschaften auch eine Vermögenssteuer abzuführen. Die Gemeinde Wien hält etwa die Hälfte des Wiener Wohnraumes über Gemeindewohnungen direkt oder indirekt über der Gemeinde nahestehenden Genossenschaften im Eigentum und besitzt darüber hinaus weitläufige Liegenschaften speziell in Niederösterreich. Die Gemeinde Wien wäre daher von einer Vermögenssteuer besonders stark betroffen und es ist die Sinnhaftigkeit einer Steuer zu hinterfragen, die zu einem ganz erheblichen Ausmass von einer Gebietskörperschaft zu entrichten ist: Denn die Gemeinde Wien könnte dem Bund auch ohne Einführung einer Vermögenssteuer Geld zukommen lassen.

Die Pensionen

Die meisten Menschen sorgen sich um ihre Zukunft und treffen eine entsprechende Vorsorge für ihr Alter. Einige Bürger sparen Gelder für ihre Altersvorsorge an, andere wiederum schliessen private Versicherungen ab, wieder andere haben aufgrund ihrer Tätigkeit etwa als Beamte einen staatlichen Pensionsanspruch. Juristische bedeutet ein Guthaben auf einer Bank für den Kontoinhaber nur eine Forderung gegen die Bank auf Auszahlung eines Geldbetrages. Ganz ähnlich hat etwa ein Pensionsberechtigter gegen eine Versicherung oder gegen den Staat eine Forderung auf Auszahlung eines Geldbetrages im Rahmen seines Pensionsvertrages. Wenn also Sparguthaben auf der Bank einer Vermögenssteuer unterliegen, so fallen regelmässig auch festgestellte Pensionsansprüche gegen eine Versicherung oder eine Gebietskörperschaft unter die Pflicht zur Zahlung einer Vermögenssteuer. Das trifft im Wesentlichen die grosse Gruppe der Beamten in Österreich, deren Anspruch auf eine Pension daher in die Berechnungsbasis zur Vermögenssteuer einzubeziehen wäre.

Die Bewertung der Liegenschaften

In Österreich gab es bekanntlich früher bereits eine eigene Besteuerung von Grund und Boden und hierfür wurde seinerzeit ein Kataster eingerichtet, in dem sämtliche Liegenschaften verzeichnet und bewertet wurden. In diesem Kataster wurden die Liegenschaften zu einem sogenannten Einheitswert bewertet, der auch heute für die Bemessung einiger Steuern herangezogen wird. Der Einheitswert ist jedoch regelmässig wesentlich niedriger als der tatsächliche Marktwert der jeweiligen Liegenschaft und müsste daher aufwendig aktualisiert werden. Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Aufhebung der Erbschaftssteuer unter anderem darauf hingewiesen, dass die Heranziehung des Einheitswertes als Steuerbasis zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichheiten bei der Besteuerung führen kann. Um keine verfassungsrechtlichen Bedenken bei der Einführung der Vermögenssteuer aufkommen zu lasssen, müssten daher sämtliche österreichischen Liegenschaften einer neuen und marktgerechten Bewertung unterzogen werden.

Die Freigrenze

In Österreich wird derzeit über eine Freigrenze für die Vermögenssteuer diskutiert. Eine solche Freigrenze darf aber nicht willkürlich gesetzt werden, da auch im Steuerrecht grundsätzlich alle Bürger gleich zu behandeln sind. Sachliche gerechtfertigte Ausnahmen können nur etwa für besonders schutzwürdige oder unterstützungsbedürftige Bürger gelten. Eine Vermögenssteuer darf jedoch nach verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls nicht als Instrument zur Umverteilung des Vermögens einiger Reicher auf eine breite Allgemeinheit verwendet werden. Im Gegensatz zu einer Ertragsbesteuerung birgt eine Substanzbesteuerung stets die Gefahr einer rechtlich unzulässigen Enteignung in sich. Werden also etwa nur 1% der Bevölkerung besteuert, so ist eine Gleichbehandlung der Bürger wohl nicht anzunehmen, sondern eher von einer verfassungsrechtlich unzulässige Enteignung einer kleinen Bevölkerungsgruppe auszugehen.

Zusammenfassend wird deutlich, dass  die Einführung einer Vermögenssteuer ein legistisch komplexes Unterfangen ist. Eine Besteuerung nur einiger weniger reicher Bürger wird sich verfassungsrechtlich kaum durchsetzen lassen und ob wirklich eine breite Bevölkerungsgruppe unter Einbeziehung der Gemeinden, Unternehmen und Bauern eine neue Abgabe auf sämtliches Geld- und Liegenschaftsvermögen bezahlen soll, wird letztlich politisch entschieden werden.

Dr Christoph Kerres LLM (Georgetown)

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