OGH präzisiert „verbotene Kinderwerbung“ – Direkte Aufforderungen an Kinder in der Werbung, bestimmte Waren zu kaufen, sind unzulässig.

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Gerichtsverfahren

OGH präzisiert „verbotene Kinderwerbung“ – Direkte Aufforderungen an Kinder in der Werbung, bestimmte Waren zu kaufen, sind unzulässig.

Mittwoch, 17 April, 2013

Innerhalb von nur einem halben Jahr hat sich der OGH zweimal mit „Pickerl“ bzw Stickeraktion von großen österreichischen Handelsketten auseinander gesetzt. Während im Herbst 2012 Spar verurteilt wurde die Aktion „Stickermania“ zu unterlassen (4 Ob 100/12y), wurde nunmehr eine „Stickersammelbuch“-Aktion von Billa geprüft (4 Ob 244/12d). Der VKI (Verein für Konsumenteninformation) hat beide Lebensmittelhandelsketten auf Unterlassung nach dem UWG geklagt, weil in beiden Fällen jeweils mit direkt an Kinder gerichteten Werbebotschaften versucht worden sei, den Verkauf von Produkten zu fördern.

Im Rahmen der gegenständlichen Aktion wurden für Einkäufe in bestimmter Höhe an der Kasse Päckchen mit (fünf Stück) Tierbilder-Sticker (Abziehbilder) zugegeben. Darüber hinaus waren die Stickerpäckchen ebenso wie das Sammelalbum käuflich zu erwerben. Gleichzeitig wurde diese Aktion im Fernsehen, auf einer eigens für Kinder eingerichteten Webseite und in den einzelnen Filialen beworben. Im Rahmen dieser Werbung wurden Kinder direkt angesprochen (zB „Hol dir das Stickeralbum“, „Holt Euch jetzt die tierischen Sammel-Sticker an der Kassa!“, „Pro Euro 10,-- Einkaufswert gibt`s eine Packung Sticker gratis!“).

Allgemein ist zunächst ist zu sagen, dass an Kinder gerichtete Werbung grundsätzlich zulässig ist, unter Umständen kann eine solche Werbemaßnahme allerdings den Tatbestand einer aggressiven Geschäftspraktik gemäß § 1a UWG darstellen. So gilt eine Werbemaßnahme insbesondere dann per se als aggressiv, wenn sie gemäß Z 28 des Anhangs zum UWG („schwarzen Liste“ jedenfalls unzulässiger Geschäftspraktiken) entweder eine direkte Aufforderung an Kinder enthält, die beworbenen Produkte zu kaufen oder wenn durch eine derartige Maßnahme Eltern oder andere Erwachsene überredet werden sollen, die Produkte für sie zu kaufen. Ziel dieser Bestimmung ist, Kinder keinen unmittelbaren Kaufaufforderungen auszusetzen und/oder Erwachsene vor Beeinträchtigungen ihrer Konsumfreiheit durch indirekte psychische Kaufzwänge zu schützen. Unlauter ist eine Geschäftspraktik auch dann wenn sie, „geeignet ist, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Marktteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, oder durch unzulässige Beeinflussung wesentlich zu beeinträchtigen und ihn dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“ (§ 1a Abs 1 UWG). Zusätzlich hielt der OGH in seiner Entscheidung vom 18.9.2012, 4 Ob 110/12y zu der Spar-„Stickermania“-Aktion (Sammeln und Einkleben von Abziehbildern in ein Sammelalbum) fest, dass Werbung aufgrund des verwendeten Imperativs ( zB „Hol Dir …!“) jedenfalls als direkte an Kinder gerichtete Kaufaufforderung im Sinne der Z 28 des Anhang des UWG anzusehen sei. Gleichzeitig hielt er fest, dass der Schutzzweck der Norm jedenfalls Minderjährige bis 14 Jahre erfasst und nicht lediglich Kinder im Sinne des Zivilrechts (dh bis 7 Jahre).

In der gegenständlichen Rechtssache (Stickersammelbuch von Billa) bekräftigte der OGH nunmehr, dass die direkte Aufforderung zum Kauf (unter Verwendung des Imperativs) bestimmter Waren gegen die Bestimmungen des UWG bzw der entsprechenden europäischen Richtlinie verstößt und unzulässig ist. Daraus folgt aber nicht, dass Werbung für „Stickeralben“ per se verboten ist, da Eltern grundsätzlich zugemutet werden kann, den Wünschen (auch wenn diese durch Werbung verursacht werden) ihrer Kinder Grenzen zu setzen und sich den Wünschen zu widersetzen. Laut OGH stellt der Einsatz von Kindern als Verkaufsmotivatoren („Quengelfaktor“) für sich alleine somit keine aggressive Geschäftspraktik dar. Darüber hinaus urteilte der OGH weiter, dass das Ausnutzen des Sammeltriebs sowie allfällig entstehender Gruppendruck (zB durch Stickertausch) noch keine Unlauterkeit begründet.