Klimaschutz wichtiger als Flughafen

Drucken
Flughafen

Klimaschutz wichtiger als Flughafen

Donnerstag, 16 Februar, 2017

Der Wiener Flughafen Schwechat wird stetig mehr frequentiert und hat daher bereits seit Jahren den Bau einer dritten Landebahn geplant. Immer mehr Österreicher fliegen in die Ferne und auch der Zustrom von Touristen gerade nach Wien nimmt jährlich zu. Das Verfahren für die Bewilligung der dritten Landebahn läuft nun nahezu bereits seit zehn Jahren und der Bundesverwaltungsgerichtshof hat als höchste ordentliche Instanz im Februar 2017 den weiteren Ausbau des Flughafens Schwechat untersagt. Die Entscheidung kann nur mehr durch ein außerordentliches Rechtsmittel vor dem Verfassungs- bzw Verwaltungsgerichtshof angefochten werden.

Interessant ist die in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtshofes vorgenommene Abwägung des öffentlichen Interesses: Während der Richtersenat ausführt, dass auch der Ausbau des Flughafens Schwechat sehr wohl eine wichtige positive Auswirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region ausüben und auch einen Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen mit sich bringen würde, so sind nach Ansicht des Senates doch gerade die öffentlichen Interessen dem Ausbau entgegenstehend. Denn in der Entscheidung wird das öffentliche Interesse am Klimawandel höher gehalten und der Senat vermeint, dass die Folgen eines negativen Klimawandels zu vermeiden bzw zu verringern sind. Nach Ansicht des Senates ist Österreich bereits besonders vom Klimawandel betroffen, da die globale Durchschnittstemperatur zwar nur um 0,85°C über jener am Ende des 19. Jahrhunderts liege, in Österreich dieser Temperaturanstieg allerdings mehr als doppelt so hoch ausgefallen sei und bereits jetzt bei 2°C Erwärmung stehe. Nach Ansicht des Senates ist Österreich als Alpenstaat besonders vielfältig und drastisch von den Folgen des Klimawandels betroffen, was zur Vernichtung von Vermögen und Arbeitsplätzen sowie zur Veränderung des Landschaftsbildes führen würde. Derartige desaströse und weitreichende Folgen des Klimawandels stehen im öffentlichen Interesse und müssten daher auch durch die Verhinderung des das Klima weiter belastenden Ausbau des Flughafens und der damit im Zusammenhang stehenden Erhöhung der Flugfrequenz verhindert werden.

Bei der öffentlichen Interessensabwägung ist der Richtersenat in der Entscheidung zur Ablehnung der dritten Landebahn durchaus drastisch: Nach Ansicht des Senates sind bei den Schutzgütern von Gesundheit und Leben keinerlei Güterabwägungen zulässig und auch gegenläufiges öffentliches Interesse kann nicht in Betracht gezogen werden. Damit vermeint der Richtersenat, dass dem Argument des Umweltschutzes jegliches Verkehrsaufkommen letztlich versagt werden kann, wenn es nur die Gefährdung mit sich trägt, dass durch ein solches Verkehrsaufkommen die Umwelt beeinträchtigt und damit die Schutzgüter Gesundheit und Leben gefährdet oder beeinträchtigt werden können. Mit dieser durchaus apodiktischen Auffassung könnte der gleiche Senat im Falle einer Anfrage wohl auch jeden Straßenausbau untersagen, da dadurch ein erhöhtes Verkehrsaufkommen von Kraftfahrzeugen einhergehen könnte.

Auch wenn es sehr zu begrüßen ist, dass Umweltschutz berücksichtigt wird und eine Abwägung im öffentlichen Interesse zwischen den Bestrebungen nach einer möglichst gesunden Umwelt gegeben sind, so sollte im Zuge der politischen Willensbildung jedenfalls auch auf die übrigen in der österreichischen politischen Gemeinschaft hochgehaltenen Güter Rücksicht genommen werden. Die Interessen an einem wirtschaftlichen Fortkommen, der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie auch die ganz grundsätzlichen Bestrebungen, das leichte Erreichen von günstigen Verkehrsmitteln, um Flugreisen in die Ferne unternehmen zu können, stellen jedenfalls Werte im politischen Diskurs der Österreichischen Republik dar. Eine solche Abwägung von Gütern gänzlich zu unterlassen und rein auf die mögliche Beeinträchtigung von Leben und Gesundheit abzuzielen, stellt eine gefährlich verkürzte Argumentation der richterlichen Entscheidung zur Ablehnung des Ausbaus des Flughafen Schwechat dar.

Ganz grundsätzlich ist zu überlegen, inwieweit ein politischer Diskurs auf ein Verwaltungsgericht überwälzt werden kann, dessen Richter im Übrigen bis vor Kurzem weisungsgebundene Beamte gewesen sind. So sind Gerichte stets aufgefordert, nicht nur Streit zwischen Zivilparteien, sondern auch unterschiedliche Interessen zwischen Staat und Einzelperson zu entscheiden. Wenn es allerdings um einen politischen Diskurs und eine Abwägung von Interessen nach Freiheit, Wohlstand, wirtschaftlichen Fortkommen einerseits und Umweltschutz und Erreichen von Kyoto-Zielen andererseits geht, so sollten derartige heikle Interessensabwägungen nicht einem Richter überlassen bleiben. Eine derartige Interessensabwägung ist im politischen Diskurs auszutragen und sollte im Parlament entschieden werden.

Dr Christoph Kerres hat in Wien und in Washington DC studiert und ist sowohl in Österreich als auch in New York als Rechtsanwalt zugelassen. Zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit zählen M&A und Transaktionen, Unternehmens- und Gesellschaftsrecht sowie Gerichts- und Schiedsgerichtsverfahren.