Kerres | Partners erkämpft neues richtungsweisendes Urteil gegen die Constantia Privatbank

Drucken

Kerres | Partners erkämpft neues richtungsweisendes Urteil gegen die Constantia Privatbank

Donnerstag, 10 Februar, 2011

In einem neuen Grundsatzurteil hat das Handelsgericht Wien einem Anleger Schadenersatz zugesprochen, weil er von der früheren Constantia Privatbank AG rechtswidrig und grob schuldhaft falsch beraten worden ist. Der Anleger hat in Immofinanz- und Immoeastaktien investiert – die nach dem Bekanntwerden rechtswidriger Vorgänge innerhalb der Constantia Privatbank einen Kurssturz von rund 95 % erlitten – und verlor genauso wie unzählige andere Anleger sein Erspartes. Der Anleger, der durch die Wiener Rechtsanwaltskanzlei Kerres | Partners vertreten wird, erhält aufgrund der schuldhaften Fehlberatung der einstigen Vorzeigebank vollen Schadenersatz. Partner Dr Christoph Kerres und Dr Thomas Kainz, die den Prozess vor dem Handelsgericht Wien geleitet haben, sprechen von einem weiteren richtungsweisenden Urteil zum Anlegerschutz in Österreich.

 

Das Urteil liest sich wie der Auszug aus einem Kriminalroman: Im Sommer 2007 ist Dr. Arco als einer der Vorstände der Constantia Privatbank darauf aufmerksam geworden, dass die Constantia Privatbank große Bestände von Immofinanz- und Immoeastaktien eingekauft hat. Das Volumen dieser von der Constantia Privatbank eingekauften Immoaktien belief sich immerhin auf rund 1 Milliarde Euro und damit auf ein Mehrfaches des Eigenkapitals der Constantia Privatbank. Die von der Constantia Privatbank getätigten Einkäufe von Immopapieren wurden offenbar aus den Mitteln der Immoeast AG finanziert und damit indirekt mit den Geldern der Anleger. Anstelle des Ankaufes von Immobilien verwendeten die Immogesellschaften die Gelder sohin unzulässiger Weise zum Ankauf eigener Aktien. Aktienkäufe in diesem Ausmaß waren illegal und verstießen gegen das Wertpapieraufsichtsgesetz. Darüber hinaus wurde der Kurs der Aktien durch diesen massiven Ankauf von Immofinanz- und Immoeastaktien hinaufgetrieben und manipuliert.

 

Dr. Arco hat hierauf seinen Vorstandskollegen Dr. Petrikovics zur Rede gestellt, der ihm mitgeteilt hat, dass der Erwerb von Immoaktien hilfreich sei, um einen Kernaktionär für die Immogesellschaften zu gewinnen. Im Übrigen seien die Immopapiere nach Ansicht von Dr. Petrikovics derzeit ohnehin unterbewertet und die Aktienspekulation würde sich für die Bank lohnen. Da die Immopapiere infolge der Subprime-Krise bereits erheblich an Wert verloren hatten, fürchtete Dr. Arco um den Bestand der Constantia Privatbank und berichtete dem Aufsichtsrat. Dr. Arco hatte Bedenken, ob die Constantia Privatbank diese erheblichen Geldmittel jemals an die Immoeast zurückzahlen kann und sah dadurch auch die Existenz der Immoeast und der Immofinanz bedroht.

 

Seitens der Constantia Privatbank wurde allerdings befürchtet, dass bei Bekanntwerden dieser Vorkommnisse ein starker Kursverfall bei den Immoaktien eintreten würde. Ein solcher Verfall der Kurse der Immoaktien hätte die Bilanz der Constantia Privatbank weiter belastet und somit die Existenz der Constantia Privatbank ernstlich gefährdet. Seitens der Constantia wurde daher versucht, einen Käufer für die Immofinanz- und Immoeast-Aktien zu finden. Da dies nicht gelang, wurde Ende 2007 ein Verkauf der Constantia Privatbank selbst angestrebt. Gegenüber der FMA wurde ein Investor fingiert, um eine Veröffentlichung der gesamten Situation zu vermeiden. In weiterer Folge kam es dann 2008 doch zu einer Publikmachung der Vorgänge, was zu einem starken Verkauf von Immopapieren führte und schließlich den bekannten Kurssturz auslöste. Die Immoaktien verloren gegenüber dem Vorjahreskurs immerhin rund 95 % ihres Wertes.

 

Das Gericht führt in dem Urteil aus, dass eine Bank nach dem Gesetz bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse des Kunden zu handeln hat. Das Interesse des Kunden ist dabei unter allen Umständen zu wahren. Eine Bank darf nur jene Finanzinstrumente empfehlen, die am besten den Interessen des Kunden entsprechen. Ebenso hat eine Bank vom Erwerb weniger geeigneter Produkte abzuraten oder deren Verkauf zu empfehlen. Damit der Kunde seine Anlageentscheidung auf fundierter Basis treffen kann, sieht das Gesetz eine Verpflichtung zur Offenlegung aller relevanten Informationen vor.

 

Demnach wäre ein Berater der Constantia Bank gegenüber dem Anleger verpflichtet gewesen, die Informationen über die unzulässig hohen Bestände von Immoaktien der Constantia Privatbank im Ausmaß von immerhin rund 1 Milliarde Euro offen zu legen. Aufgrund des von einem Vorstandsmitglied erwarteten möglichen Kurssturzes der Immoaktien hätte der Anlageberater dem Investor auch zu einem sofortigen Verkauf der Papiere raten müssen. Der Umstand, dass einem Vorstand bekannt gewesen ist, dass bei den Immopapieren starke Kursverluste in naher Zukunft nicht unwahrscheinlich gewesen sind, wäre eine für den Anleger wesentliche Entscheidung gewesen. Diese Verpflichtung zu einer umfassenden Beratung und Offenlegung der Information hat die Constantia Privatbank durch ihren Berater rechtswidrig und grob schuldhaft verletzt. Aus diesem Grund hat die Constantia Privatbank dem Anleger den erlittenen Schaden zu ersetzen. Daran durfte nach Ansicht des Gerichts auch der Umstand, dass es sich bei dem Kunden um einen überdurchschnittlich erfahrenen Anleger handelt, nichts ändern. Für die genannten Personen gilt allesamt die Unschuldsvermutung.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Jedoch hatte das Handelsgericht Wien die Constantia Privatbank auch schon in einem anderen von Kerres | Partners geführten Verfahren wegen schuldhafter Fehlberatung hinsichtlich der Immo-Aktien zu Schadenersatz verurteilt. Dieses Urteil wurde vom Oberlandesgericht Wien als Berufungsinstanz vollinhaltlich bestätigt und diesbezüglich steht nunmehr die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus.