Immofinanz: Constantia verbreitete „bewusst Information, die irreführende Signale gibt“

Drucken
Constantia Privatbank

Immofinanz: Constantia verbreitete „bewusst Information, die irreführende Signale gibt“

Mittwoch, 10 Juli, 2013

Das Handelsgericht Wien hat in einem Anlegerprozess gegen das damalige Vorzeigeunternehmen Constantia Privatbank AG (CPB, nunmehr Aviso Zeta AG) erneut zwei von der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Kerres | Partners vertretenen Anlegern Schadenersatz zugesprochen. Das Urteil erging bereits im zweiten Rechtsgang, nachdem der Oberste Gerichtshof Anfang dieses Jahres die Entscheidung des zuständigen Richters Mag Heinz-Ludwig Majer aufgehoben hatte.

Bekanntlich haben in der Causa rund um den Kursfall der Immofinanz- und Immoeastaktie die damaligen Vorstände der Bank vor der Staatsanwaltschaft Wien (611 St 25/08x) bereits mehrere Aussagen getätigt. Dabei kam unter anderem ans Licht, dass die Bank Ende des Jahres 2007 bei einem Eigenkapital von 165 Millionen Euro und einer Großveranlagungsgrenze für die Immo-Gruppe von rund 30 Millionen Euro über die Zwischengesellschaft IBAG in Beteiligungstochtergesellschaften Immofinanz- und Immoeastaktien in einem Volumen von nahezu einer Milliarde Euro gekauft haben soll. Ein Teil des damaligen Vorstands habe diese Aktienkäufe als „existenzbedrohlich“ für die Bank und als „Problem für die Immoeast“ angesehen. Finanziert wurde das Ganze über Kredite, die die Emittentin Immoeast AG zur Verfügung gestellt habe und von denen auch Ende des Jahres 2007 noch mehr als eine halbe Milliarde Euro ausgehaftet haben soll. Damaliger Vorstand bei Immofinanz, Immoeast und CPB: Karl Petrikovics.

Im hiesigen Gerichtsprozess waren die Anleger bereits seit dem Jahr 2003 von einem Mitarbeiter des AWD beraten worden. Der schilderte ihnen die Immofinanz- und Immoeastaktie als „konservative und gemütliche Veranlagung“, woraufhin die Kläger, die ein ziemlich sicheres Wertpapier suchten, diese Aktien erwarben. Bereits der erste Kaufantrag wurde auf einem Formular der CPB erteilt und die Aktien auf einem Depot bei der CPB verwahrt. Der AWD trat bekanntlich für die CPB als einer der Hauptvermittler für die Immofinanz- und Immoeastaktie auf. Als die Aktienkurse im Jahr 2007 als erste Anzeichen der Finanzkrise nach unten gingen, fragten die Anleger ihren AWD-Betreuer, ob sie die Immofinanz- und Immoeastaktien nicht verkaufen sollten. Dieser antwortete immer, dass „Immobilien im Hintergrund“ stünden und sich „die Kurse wieder fangen“ würden. Die Anleger verkauften ihre Aktien nicht. Der Rest ist bekannt: Der Wert der Immofinanz- und Immoeastaktie fiel noch vor Ende 2008 auf unter € 1,00.

Bereits der Oberste Gerichtshof hatte in seinem Aufhebungsbeschluss Anfang des Jahres klargestellt, dass die CPB „für den schadenskausalen Ratschlag des Beraters gegenüber den Klägern, die Aktien nicht zu verkaufen, einzustehen“ hat, wenn der CPB „bewusst oder erkennbar falsche bzw irreführende Informationen in Bezug auf das Halten der in Rede stehenden Wertpapiere im Herbst 2007 zuzurechnen“ sein sollten. Der Richter in erster Instanz folgte dieser Ansicht nunmehr und erklärte, dass die Bank „bewusst Information, die irreführende Signale gibt, verbreitet“ hat, indem sie „ihrem Vertriebspartner AWD auch nach internem Bekanntwerden der Aktienkäufe von Aktien der Immofinanz AG und Immoeast AG über Tochtergesellschaften der CPB weiterhin nur günstige Information wie den NAV („Net Asset Value“, innerer Wert der Aktien, Anm) und allgemein zugängliche(n) Analystenmeinungen zur Verfügung stellte“. Die Bank haftet für den Schaden der Anleger aus der Verletzung des Börsegesetzes als Schutzgesetz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Am 10.07.2013 in der Tageszeitung "Die Presse" ein ausführlicher Bericht zu dem Gerichtsurteil erschienen: http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/1428395/Immofinanz_Richtungsweisender-Etappensieg