Gemeinschaftsweite Wirkung einer nationalen Marke?

Drucken
Gerichtsverfahren

Gemeinschaftsweite Wirkung einer nationalen Marke?

Montag, 7 März, 2016

1. Sachverhalt

Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) betrifft eine markenrechtliche Problemstellung. Darin ging es um die Frage, ob die Priorität einer nationalen Marke Vorrang vor dem vermeintlich stärkeren Recht der Gemeinschaftsmarke genießt. 

Die klagende Partei produziert seit 1989 die weltweit bekannte TV-Serie „Die Simpson“. Darin wird der klagsgegenständliche Name des fiktiven Biers „Duff“ als Durchschnittsbier aus Amerika verwendet. Die beklagte Partei ist eine Gesellschaft in Deutschland, die in Österreich ein gleichnamiges Bier herstellt und produziert, um es anschließend in den Ländern Schweiz und Deutschland zu verkaufen. Die beklagte Partei hat das Wort „Duff Beer“ als deutsche Marke bereits am 12. Januar 1999 angemeldet und am 8. Juni 1999 für die Warenklasse „Bier“ registrieren lassen. Die klagende Partei hat wiederum die Gemeinschaftsmarke „Duff“ am 9. Juni 2009 angemeldet und am 26. März 2014 in der Warenklasse „Bier“ registrieren lassen. 

Die klagende Partei begehrte im Sicherungsverfahren, dass es der beklagten Partei verboten wird, im geschäftlichen Verkehr in Österreich unter Verwendung des verwechslungsfähigen Zeichens „Duff“ oder der registrierten Gemeinschaftsmarke „Duff Beer“ oder eines anderen zur klagsgegenständlichen Marke verwechslungsfähigen Zeichens, Bier 

•    herzustellen und/oder herstellen zu lassen und/oder; 
•    zu bewerben und/oder bewerben zu lassen und/oder; 
•    anderwärtig zur Kennzeichnung von Bier zu benützen und/oder benützen zu lassen,

insbesondere für das Vertreiben, Verkaufen und/oder Anbieten zum Verkauf bzw Vertrieb eines solchen Bieres bzw solcher Biere. Die klagende Partei stützte sich hierbei auf das stärkere Recht der Gemeinschaftsmarke. 

Die Gerichte erster und zweiter Instanz bestätigten jeweils das Sicherungsbegehren, wohingegen der OGH es verneinte. Das Berufungsgericht bejahte die Zulässigkeit der ordentlichen Revision, weil in der Rechtsprechung ungeklärt sei, ob die Bevorzugung des Produktionsstandorts Deutschland zu Lasten von Produktionsstandorten in anderen Mitgliedstaaten mit den Regeln des gemeinsamen Markts vereinbar sei. 

2. Gesetzliche Grundlage

Im vorliegenden Fall kommen neben nationalen auch europäische Rechtsvorschriften zur Anwendung. Die beklagte Partei berief sich auf die Verordnung (EG) Nr 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (in der Folge „GMV“), die in Art 99 Abs 3 bestimmt, dass 

„[...] der Einwand des Verfalls oder der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke, der nicht im Wege der Widerklage erhoben wird, insoweit zulässig [ist], als sich der Beklagte darauf beruft, dass die Gemeinschaftsmarke wegen mangelnder Benutzung für verfallen oder wegen eines älteren Rechts des Beklagten für nichtig erklärt werden könnte.“ 

Die deutsche Marke „Duff Beer“ wurde nach den Kriterien in Art 8 GMV geprüft, ob sie als älteres Recht qualifiziert werden kann. Das ältere Recht soll dabei auch Wirkungen auf die Markenrechtsverletzung in Österreich haben, obwohl diese prinzipiell nur innerhalb Deutschlands markenrechtliche Schutzwirkungen entfalten kann.

Gemäß Art 8 GMV ist die Eintragung der jüngeren Marke ausgeschlossen, wenn diese mit älteren Marken identisch ist und wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht. Ältere Marken sind solche mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke. Es reicht, wenn die Marke in einem Mitgliedstaat der EU eine eingetragene Marke ist (Art 8 Abs 2 GMV). Diese Bestimmung kommt grundsätzlich dann zur Anwendung, wenn verhindert werden soll, dass jüngere Gemeinschaftsmarken neben älteren Marken für idente Warenklassen eingetragen werden. Sie wird aber auch für die Feststellung der Priorität der Marke für das Nichtigkeitsverfahren angewendet. 

3. Einheitlichkeitsprinzip

Die Unterlassungsklage richtete sich im gegenständlichen Fall nur gegen Markenrechtsverletzungen. Der deutsche Markenrechtsinhaber soll durch Abschluss eines Markenlizenzvertrages mit der österreichischen Brauerei in Österreich eine Verletzung der Gemeinschaftsmarke „Duff“ begangen haben. Innerhalb Österreichs bestand jedoch kein Schutz der Marke der beklagten Partei. 

Die beklagte Partei versuchte sich daher auf Art 99 Abs 3 GMV zu stützen, um die Gemeinschaftsmarke für nichtig erklären zu lassen. Demnach hätte die klagende Partei nämlich kein Recht, in Österreich auf Unterlassung zu klagen, obwohl gar kein Schutz für die deutsche Wort-/Bildmarke „Duff Beer“ in Österreich bestand. Dieser Einwand wurde vom OGH aufgrund des Einheitlichkeitsprinzips der GMV zugelassen. Nach diesem Prinzip ist das relative Eintragungshindernis, das allen älteren nationalen Marken und sonstigen Kennzeichenrechte von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung zukommt, der jüngeren Gemeinschaftsmarke entgegen zu halten. 

Dieses Prinzip müssen auch die nationalen Gerichte beachten und ältere Marken aus anderen Mitgliedstaaten berücksichtigen. Daher hatte die jüngere Gemeinschaftsmarke der klagenden Partei im vorliegenden Fall kein stärkeres Recht. 

Vollständigkeitshalber sei noch auf die Möglichkeit der Umdeutung von Gemeinschaftsmarken in nationale Marken hingewiesen. Die Umwandlung kann unter anderem bei Nichtigerklärung der Gemeinschaftsmarke begehrt werden. Dabei kommt der nationalen Marke der Anmeldetag und Prioritätstag der Gemeinschaftsmarke zugute (Art 112 GMV). 
Gem § 2 Abs 1 Markenschutzgesetz entsteht das Schutzrecht der Marke in Österreich jedoch erst mit Eintragung in das Register. Sohin bestand im vorliegenden Fall kein ausreichender markenrechtlicher Schutz der Gemeinschaftsmarke und das Klagebegehren wurde zur Gänze abgewiesen.