Syndikatsverträge – neue Regeln zur Kündbarkeit

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Syndikat

Syndikatsverträge – neue Regeln zur Kündbarkeit

Donnerstag, 10 März, 2016

1. Ausgangslage

Der Gesellschaftsvertrag einer GmbH und die Satzung einer AG werden im Firmenbuch veröffentlicht. Jeder kann daher Einsicht in dieses Regelwerk der Gesellschaften nehmen. Vielfach ist jedoch gewünscht, dass die internen Vereinbarungen der Eigentümer geheim bleiben. Die Eigentümer vieler großer und kleiner Gesellschaften regeln Machtverhältnisse und Stimmrechtsbindungen untereinander sowie Übertragungsbeschränkungen von Anteilen und Vorkaufsrechte daher in Syndikatsverträgen.

Damit die Regelungen dauerhaft Bestand haben, werden Syndikatsverträge häufig „auf die Dauer des Bestandes der Gesellschaft“ abgeschlossen und wird die Kündigung des Syndikatsvertrages durch einzelne Eigentümer ausgeschlossen.

Rechtlich werden diese Syndikate nach herrschender Lehre und der Rechtsprechung des OGH als Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GesbR) qualifiziert. Die Kündigung einer GesbR regelte § 1212 ABGB, der nach einhelliger Auffassung zur Gänze abdingbar war, sodass die Kündbarkeit des Syndikatsvertrages ausgeschlossen werden konnte.

2. Problemstellung

Die Regelungen zur GesbR im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) wurden im Jahr 2015 novelliert. Diese Novelle könnte alle Eigentümer von Gesellschaften mit Syndikaten in Bedrängnis bringen. Gemäß dem mit der Novelle neu eingeführten § 1209 Abs 2 ABGB ist eine Vereinbarung, durch die das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder in anderer Weise als durch angemessene Verlängerung der Kündigungsfrist erschwert wird, nichtig. Daher besteht die Gefahr, dass die bisher im Zusammenhang mit Syndikatsverträgen geübte Praxis, einen dauerhaften Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit durch einzelne Gesellschafter vorzusehen nach der neuen Rechtslage unzulässig sein könnte.

Nachdem Syndikatsverträge in der Regel als GesbR qualifiziert werden, können einzelne Gesellschafter diese gemäß § 1209 ABGB nun unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Schluss des Geschäftsjahres kündigen. Die Vereinbarung einer Stimmrechtsbindung oder eines Vorkaufsrechtes, aus der einzelne Gesellschafter jährlich aussteigen können, entspricht aber in der Regel weder dem Zweck dieser Verträge noch der Absicht der Vertragsparteien.

3. Opting Out bei bestehenden Syndikatsverträgen

Für bereits vor 2015 bestehende GesbR - und damit für die meisten vor 2015 geschlossenen Syndikatsverträge - gilt die neue Kündigungsregelung des § 1209 ABGB ab 1. Juli 2016. Ein Vertragspartner des Syndikatsvertrages kann jedoch bis zum Ablauf des 30. Juni 2016 gegenüber den übrigen Vertragspartnern erklären, dass er weiterhin das alte Recht anwenden möchte. Dies sollte tunlichst schriftlich und nachweislich erfolgen. In diesem Fall gilt die alte Rechtslage noch bis zum 1. Jänner 2022.

Bei bereits bestehenden Syndikatsverträgen ist es daher ratsam, von diesem „Opting-Out“ Gebrauch zu machen, um die Anwendung des neuen GesbR-Rechts hinauszuschieben. Diese Zeit kann genutzt werden, den Syndikatsvertrag an die neue Rechtslage anzupassen. Ab diesem Zeitpunkt gelten die neuen Kündigungsregelungen aber jedenfalls auch für jene Syndikatsverträge, die vor dem Jahr 2015 geschlossen wurden.

4. Bindung der Syndikatsmitglieder nach der neuen Rechtslage

Die Kündigungsbestimmung des § 1209 ABGB ist § 132 des Unternehmensgesetzbuches (UGB) nachgebildet, zu dem eine reichhaltige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht. Es ist zu erwarten, dass die Rechtsprechung hinsichtlich der Angemessenheit einer vertraglichen Verlängerung der Kündigungsfrist von Syndikatsverträgen dieser Judikatur zu § 132 UGB folgt.

Zulässig sind nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofes zeitlich befristete Kündigungsbeschränkungen auch bei langer Dauer der Befristung. Unter "überlangen" und somit unzulässigen Bindungen sind nur solche zu verstehen, die vom Gesellschafter nicht mehr überblickt werden können und bei deren Eingehen er die Bindungsdauer daher auch nicht verlässlich abschätzen kann.

Ein weiteres wesentliches Kriterium für die Angemessenheit einer zeitlichen Bindung durch Kündigungsausschluss ist auch der Zweck der Gesellschaft. Im Fall von Syndikatsverträgen ist der Zweck der durch das Syndikat gegründeten GesbR meistens die Stimmrechtsbindung und die damit einhergehende Regelung der Machtverhältnisse in einer Gesellschaft sowie die Regelung des Austrittes der Gesellschafter und allfälliger Vorkaufs- oder Aufgriffsrechte. Dieser Zweck kann regelmäßig nur dann erreicht werden, wenn eine langfristige Bindung der Gesellschafter an den Syndikatsvertrag gewährleistet ist.

Eine weitere Möglichkeit, eine Bindung der Gesellschafter an den Syndikatsvertrag zu gewährleisten, ist die Verknüpfung der Kündigungsmöglichkeit des Syndikatsvertrages mit dem Austritt aus der Gesellschaft.

5. Fazit

Gemäß der neuen Regelung der Kündigung von Syndikatsverträgen in § 1209 ABGB besteht grundsätzlich die Möglichkeit jedes Gesellschafters, einen Syndikatsvertrag jedes Jahr mit sechsmonatiger Kündigungsfrist aufzulösen. Ein genereller Ausschluss dieser Kündigungsmöglichkeit oder das Erschweren der Kündigung ist nach der neuen Rechtslage nichtig, soweit es sich nicht um eine angemessene Verlängerung der Kündigungsfrist handelt.

Es besteht allerdings weiterhin die Möglichkeit, eine dem Sinn und Zweck eines Syndikats entsprechende Bindung der Syndikatsmitglieder zu erreichen. Hierbei sind allerdings die in § 1209 ABGB normierten Schranken und die zu § 132 UGB entwickelte Judikatur und Lehre zu beachten.

Aufgrund der geänderten Rechtslage sollten Syndikatsverträge einer vertieften rechtlichen Prüfung unterzogen werden, um eine dem Sinn und Zweck derselben entsprechenden Bindung der Syndikatsmitglieder und deren rechtliche Durchsetzbarkeit sicherzustellen.