Das neue Erbrecht und Privatstiftungen

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Testament

Das neue Erbrecht und Privatstiftungen

Dienstag, 10 Januar, 2017

Am 1. Jänner 2017 sind weitreichende Änderungen im Erbrecht in Kraft getreten. Die Neuerungen, insbesondere in Bezug auf das Pflichtteilsrecht, betreffen auch Privatstiftungen nicht unwesentlich. Dabei wird die bekannte Rechtslage kodifiziert, aber auch Neues geregelt. Um böse Überraschungen zu vermeiden und eine effiziente Nachlassplanung gewährleisten zu können, empfiehlt es sich jedenfalls sich mit den Änderungen vertraut zu machen.

Die neuen gesetzlichen Regelungen sind auf Todesfälle nach dem 31. Dezember 2016 anzuwenden.

1. Pflichtteilsrecht

Als eine der wesentlichen Änderung des Erbrechtsänderungsgesetzes 2015 ist die Einschränkung des Personenkreises der Pflichtteilsberechtigten zu betrachten. Das Gesetz legt fest, dass nur mehr die Nachkommen sowie der Ehegatte oder eingetragene Partner des Verstorbenen pflichtteilsberechtigt sind. Eltern, Großeltern und deren Geschwister sind sohin nicht mehr pflichtteilsberechtigt. Als Pflichtteil gebührt jeder pflichtteilsberechtigten Person die Hälfte dessen, was ihr nach der gesetzlichen Erbfolge zustünde.

2. Zuwendungen an Privatstiftung / Zuwendungen an nicht Pflichtteilsberechtigte

Die Privatstiftung ist weiterhin im erbrechtlichen Sinne als „Dritter“ zu betrachten, daher ist sie grundsätzlich weder den Stiftern noch einer pflichtteilsberechtigten Person hinzuzurechnen. Das Gesetz folgt sohin der geltenden Rechtslage, wenn es die Vermögenswidmung an eine Privatstiftung in § 781 Abs 2 Z 4 ABGB ausdrücklich als Schenkung aufzählt.

Ob eine Schenkung bei der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen ist, richtet sich weiterhin nach der „zwei-Jahres-Regel“. Wie bisher sind Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen, die der Verstorbene früher als zwei Jahre vor seinem Tod wirklich gemacht hat, bei der Berechnung der Pflichtteile nicht zu berücksichtigen.

Für den Beginn des Fristenlaufs kommt es dabei in Anlehnung an die „Vermögensopfertheorie“ darauf an, wann die Schenkung wirklich gemacht wurde, also der Verstorbene das Vermögensopfer in Bezug auf die Zuwendung endgültig erbracht hat. Bei Zuwendungen an eine Privatstiftung oder an den Begünstigten einer Privatstiftung beginnt diese Frist nicht zu laufen, solange sich der Verstorbene als Stifter ein Widerrufsrecht oder sonstige umfassende Änderungen vorbehalten hat, weil in diesem Fall das Vermögensopfer noch nicht endgültig erbracht worden ist.

Daher berechnet sich der Pflichtteil der Erben im Ergebnis am Nachlassvermögen zusätzlich des an die Privatstiftung gewidmeten Vermögens. Die Erben können etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche direkt gegen die Privatstiftung richten. Die diesbezüglich bereits ergangene Rechtsprechung gilt weiterhin und hat nunmehr eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erhalten.

3. Berücksichtigung der Einräumung einer Begünstigtenstellung / Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte

Neu und im wesentlichen Unterschied zur bisherigen Rechtslage ist allerdings die Berücksichtigung der Einräumung einer Begünstigtenstellung als Schenkung. Der neugefasste § 781 Abs 2 Z 5 ABGB zählt nämlich neben der bereits erwähnten Zuwendung an eine Privatstiftung auch die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat, explizit als Schenkung auf.

Das Gesetz unterstellt hier, dass jede Einräumung einer Begünstigtenstellung ein Geschenk des Stifters an den jeweils Begünstigten ist. Ist der Begünstigte sohin pflichtteilsberechtigt, sind Schenkungen bei der Pflichtteilsberechnung dem Nachlass zeitlich unbefristet hinzuzurechnen. Die „zwei-Jahres-Regel“ gilt nicht.

Hinzuzurechnen sind alle Ausschüttungen, die der Pflichtteilsberechtigte als Begünstigter bis zum Erbfall tatsächlich erhalten hat und solche, die er nach dem Erbfall erhalten wird. Laut der Regierungsvorlage sind davon nicht nur klagbare Ansprüche erfasst, sondern auch solche, bei denen nur die Modalitäten der Ausschüttung im Ermessen des Vorstands stehen.

Die Pflichtteilsdeckung durch Einräumung einer Begünstigtenstellung ist von ihrer Bewertung abhängig. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob dem Begünstigten Einfluss auf die Stiftungsorgane (etwa durch Bestellungs- und Abberufungskompetenzen) und Ausschüttungsentscheidungen zukommt, welche Erträge zu erwarten sind und welchen Einfluss der Begünstigte auf die Ausschüttungen hat. Dabei tauchen zahlreiche weitgehend ungeklärte praktische Fragen und Unsicherheiten auf.

4. Stundung

Beachtlich ist die neue Möglichkeit der Stundung des Pflichtteils gemäß § 766 ABGB. Seit 1. Jänner 2017 kann der letztwillig Verfügende eine Stundung auf höchstens fünf Jahre nach seinem Tod anordnen. Ebenso kann er auch die Zahlung in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraums vorsehen. In einem solchen Fall kann der Pflichtteilsberechtigte den gesamten oder restlichen Geldpflichtteil erst mit Ende des Zeitraums fordern. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann die Frist auf insgesamt höchstens zehn Jahre durch das Gericht verlängert werden.

Ebenso kann der Pflichtteilsanspruch auf Verlangen eines Pflichtteilsschuldners gerichtlich gestundet werden. Die soweit den Pflichtteilsschuldner die Erfüllung unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe. Das Gericht kann den Pflichtteilsanspruch auf höchstens fünf Jahre nach dem Tod des Verstorbenen stunden oder die Zahlung in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraums bewilligen. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann der Zeitraum auf insgesamt höchstens zehn Jahre durch das Gericht verlängert werden.

5. Anrechnung beim Erbteil

Wie bisher muss sich der Erbe bei der gewillkürten und bei der gesetzlichen Erbfolge eine Schenkung unter Lebenden anrechnen lassen, wenn der Verstorbene das letztwillig angeordnet oder mit dem Geschenknehmer vereinbart hat. Ein derartiger Vertrag bedarf der Schriftform. Sollte die Vereinbarung erst nach erfolgter Schenkung geschlossen werden, sind die Formvorschriften für den Erbverzicht anwendbar.

Bei der gesetzlichen Erbfolge der Kinder muss sich, wie bisher, ein Kind bzw dessen Nachkomme auf Verlangen eines anderen Kindes eine Schenkung unter Lebenden anrechnen lassen. Dies gilt nicht, wenn der Verstorbene die Schenkung aus Einkünften ohne Schmälerung des Stammvermögens gemacht hat oder den Erlass dieser Anrechnung letztwillig verfügt oder mit dem Geschenknehmer vereinbart hat. Die Anrechnung wirkt nur zu Gunsten und zu Lasten der Kinder, betrifft also nicht alle Erben.

6. Abgeltung des Pflichtteils durch Einräumung der Begünstigtenstellung

Als Stärkung der Privatstiftung in der Nachlassplanung kann die gesetzliche Regelung des § 761 ABGB betrachtet werden. Danach ist der Pflichtteil zwar grundsätzlich in Geld zu leisten, er kann aber auch in anderer Form hinterlassen werden, nämlich einerseits durch eine Zuwendung auf den Todesfall des Verstorbenen oder eine Schenkung unter Lebenden. Als Schenkung wird explizit die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung genannt.

Der Pflichtteil kann daher nunmehr jedenfalls durch die Einräumung einer Begünstigtenstellung erfüllt werden. Damit wird auch dem Wesen der Privatstiftung Rechnung getragen und die Privatstiftung kann eingesetzt werden, wofür sie gedacht ist; nämlich Vermögen langfristig zusammenzuhalten und weiterzugeben.